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Geschrieben 09-13-2024, 09:14 PM by: keeda
Fiona hatte nie darüber nachgedacht, Charles zu fragen, ob er sie in eine Vampirin verwandeln würde. Obwohl sie viele Überlegungen anstellte, welches ihn, sie selbst oder ihre Umwelt betraf, war der Gedanke für sie so fern, dass sie es nicht einmal als Möglichkeit betrachtete. Nicht aus Angst vor dem Tod, zu dem sie ohnehin eine ganz andere Auffassung als Nekromantin hatte, doch um mehr Zeit auf dieser Welt zu verbringen. Vielleicht sogar mit Charles. Doch sie wusste, dass er keine Kinder der Nacht hatte… diese Idee womöglich ohnehin absolut ablehnen würde oder sie noch nicht einmal in Betracht sähe, dass sie eine geeignete Kandidatin wäre, um das ewige Geschenk zu erhalten. Letztendlich würde Fiona für dieses Leben ihre Magie einbüßen müssen und ein Leben ohne Magie… war für sie einfach unvorstellbar. Die Magie war ein Teil von ihr. Sie spürte sie in jeder Faser ihres Körpers. So etwas Elementares zu verlieren und das freiwillig, ohne Notwendigkeit wäre… schrecklich. Nicht zuletzt aus diesem Grund hatte sie noch nicht ein einziges Mal darüber nachgedacht, irgendwann eine Vampirin zu werden.
Charles Worte veranlassten sie die Stirn leicht zu runzeln, als sie sich die Situation seiner Beschreibung bildlich vor Augen führte. Eine Horde wütender Menschen klang im ersten Moment nach keinen Problem für einen so
mächtigen Vampir wie Charles - als jenen Fiona ihn ohne zu zögern einordnen würde - andererseits wäre ihre reine Anzahl irgendwann selbst für ihn zu gefährlich.
“Und das Sprichwort fand ihren Ursprung in dieser Geschichte?” schmunzelte Fiona vor sich hin, fand den Vergleich aber maximal erheiternd. Er passte immerhin sehr gut, auch wenn der Humor eine düstere Art annahm, verstand sie ihn trotz allem.
“Wurdest du schon einmal von Menschen verfolgt?” Wenn sie so darüber nachdachte, konnte sie sich dies sehr gut vorstellen. Charles war nicht gerade zimperlich, da eignete man sich bestimmt genauso schnell Feinde an, auch wenn er bereits ein Profi war, seine Spuren zu verwischen, so gab es womöglich eine ganz andere Zeit seines Lebens.
“Hattest du Angst?” Wahrscheinlich keine Frage, die sie hätte stellen sollen. Fraglich, ob sie darauf überhaupt eine Antwort bekommen würde. Vielleicht eine zynische Bemerkung, wenn überhaupt.
“Wenn es mehr Vampire geben sollte, die deine Ansicht teilen, könnten die Ratten schnell zur Neige gehen.” Selbst Menschen brauchten eine gewisse Zeit um sich zu reproduzieren und Vampire wöchentlich frisches Blut. Die Rechnung würde schnell nicht mehr aufgehen, denn sollte es nicht immer
schönes Wetter geben?
”Klingt für mich nach einem unausgereiftem Konzept einer neuen Weltordnung.”
Als Fiona mit dem Holz zurückkam, war Charles bereits fertig mit dem Lager. Sie lächelte zufrieden, aber auch dankbar darüber, dass er ihr ohne jede Aufforderung half, obwohl es für ihn nicht einmal eine Relevanz besaß, da er ohnehin nicht schlief. Jedenfalls nicht so, wie es Menschen taten. Doch sie sagte nichts darauf, weder ein Danke noch irgendein neckender Spruch, der ihn aufziehen sollte. Ihr Ausdruck jedoch vermittelte sehr wohl, dass sie froh darüber war… und irgendwie auch stolz und dankbar. Konnte nicht jeder von sich behaupten, dass ein Vampir für einen das Nachtlager vorbereitete. Fiona kümmerte sich um das Feuer, stelle die Holzscheiten auf und trocknete sie mittels Magie, ehe sie diese entzündete. Mit diesem Holz hätte sie als reiner Mensch absolut nichts anfangen können. Das wäre eine bitterkalte Nacht geworden…
Fiona setzte sich zu Charles, zog ihre Beine an den Körper und umarmte diese, während sie in das Feuer starrte.
“Danke für deine Mühe”, bedankte sie sich dann doch, ruhig und entspannt. Nicht nur für die Platzwahl und das Aufschlagen des Lagers, wahrscheinlich reichte der Dank sehr viel weiter, was sie nun allerdings nicht ausbreitete. Sicherlich gab es viele Taten und Ansichten von Charles, die ihr Angst einjagten und für schlaflose Nächte sorgten, ließ sie diese emotional zu nah an sich heran, und doch fühlte sie sich bei ihm wohl. Beschützt. Er war unweigerlich zu ihrer Familie geworden… auch wenn er es wahrscheinlich anders bezeichnen würde, empfand er doch ähnlich, davon ging sie unweigerlich aus.
Dass Charles das Dämonen-Thema wieder aufnahm, ließ sie schlagartig den Blick vom Feuer abwenden, um ihn auf ihn zu richten. Fiona hatte nicht damit gerechnet, dass er dieses erneut ansprechen würde, schließlich klangen seine Worte zuvor nicht gerade überzeugt von ihrer Idee. Doch es sollte nicht um ihre Idee gehen.
“Ich…” weis nicht, war nicht das, was sie sagen wollte. Und doch war es schwer für sie, ihre Gefühle und Gedanken zu verbalisieren.
”...würde gerne einen kennenlernen. Ich will wissen, ob die Erzählungen wahr sind. Wie schwarz und grausam ihre Welt sein kann und ob sie es mit deiner aufnimmt. Ich würde gerne ihre Dunkelheit sehen, ihre Magie, den Einblick ihrer Natur und Herkunft. Ich habe ein paar Fragen, die ich stellen wollen würde… Nicht verwunderlich, für wahr. Fiona war unglaublich wissbegierig, das ging schon einmal auf Kosten eines gesunden Realitätssinns. Und wenn man es neutral betrachtet, so standen die Chancen eben unglaublich hoch, dass sie diese Begegnung nicht überleben würde, wenn die Geschichten wahr waren. Doch Fiona war ein kleiner Fan, was Dämonen betraf, auch wenn sie noch nie einem begegnet war. Sie konnte selbst nicht erklären, warum Dämonen so eine Faszination auf sie ausübten. Vielleicht war es auch nur die Naivität einer jungen Frau, die noch keine schlechten Erfahrungen am eigenen Leib erfahren musste.
”Ich weis, dass sie keine Haustiere sind…” knurrte Fiona gespielt beleidigt und schob ihre Lippen schmollend nach vorne, als hätte man sie gerade zu etwas ganz offensichtlichem belehrt. Doch selbst sie hatte den Gedanken, dass es in dem Verhältnis nichts ändern würde, würde der Dämon sie trotz allen Erwartungen am Leben lassen, dass
sie das Spielzeug wäre. Wie bei Charles. Nun, aber sie wusste, dass ihre Beziehung zu Charles sehr gut war und sie auch sehr sehr viel einseitiger, grausamer und totalitärer sein könnte.
”Hast du schon einmal einen gesehen?” Fiona lehnte ihren Kopf gegen Charles Schulter und starrte zurück in die Flammen.
”Denkst du, er würde mich sofort töten?” Oder wäre ihr Wunsch, sich überhaupt mit einem Unterhalten zu können ein Witz? Hätte sie noch die Chance, eine oder zwei Fragen beantwortet zu bekommen, bevor ihr Leben ein Ende finden würde? Und wäre es das Risiko überhaupt wert…?