sweat, tears or the sea

Levi hielt den gestohlenen geliehenen Jetski weit entfernt von der atlantischen Küste an. Er hatte bei der rasanten Fahrt sogar für eine Weile die Augen geschlossen. Es geradezu darauf angesetzt die Orientierung zu verlieren.
Doch die See flüsterte ihm zu, wo er war. Versprach ihm an dieser Stelle einen tiefen Meeresgraben.
Der Hayes schwang sich von seinem Gefährt und ließ sich sinken.
Raynara hatte es gewusst. Sie hatte es ihm gesagt. Und er hatte es abgetan. Weil er nicht gewollt hatte, dass sie von dem Einsatz abgezogen wurden. Dass ein anderes Team das Vampirnest hochnahm. Außerdem, sie hatten doch schon so viele Banshee-Visionen verhindert.
Er sank tiefer.
Doch anstatt Riley zur Priorität zu machen, anstatt den Werwolf nicht aus den Augen zu lassen, hatte Levi nur den fliehenden Vampir im Blick gehabt.
Er sank tiefer. Es wurde dunkler um ihn herum.
Als er zurückgekommen war, war es bereits zu spät gewesen. Mehrere Blutsauger waren von allen Seiten über den Wolf hergefallen. Er hatte sie angezogen wie ein Magnet. Während der Rest seines Teams beschäftigt gewesen war.
Er sank tiefer. Viel zu schnell für menschliche Lungen.
Sie hatten noch versucht ihn zu retten. Ihm Fionns Blut zu verabreichen. Aber es war zwecklos gewesen. Am Ende hatte Levi Spencers Körper schlicht zurück zum Wagen geschleppt.

Er war nicht lange im Fort geblieben. Hatte mit keinem geredet. Erst recht nicht mit Ray oder Fionn. Normalerweise hätte er sich in die Trainingshalle verzogen. Aber gerade war ihm jeder verstohlene Blick zu viel.
Und jetzt war er hier. Sank tiefer und tiefer. Es wurde kälter. Finster. Still. Aber dieses Mal mochte die See sein Inneres nicht zu beruhigen. Dieses Mal konnte sie keine Wunden heilen, auch wenn es sich anfühlte, als würde das Salz sich in ihn fressen.
Levi blieb am Grund des Atlantiks. Bis die menschliche Hälfte in ihm ihn daran erinnerte, dass er sterben würde, wenn er länger hier verweilte. Aber tot war nicht er – sondern Spencer.
Spencer, der ihm tausend Mal verklickert hatte, wie wichtig es war sich an vorher abgesprochene Taktiken zu halten. Dass das Leben eines jeden einzelnen Teammitglieds davon abhing.
Er schaffte es gerade so rechtzeitig wieder an die Oberfläche. Seine Lungen brannten. Levi ließ sich von den Wellen treiben.

Es war bereits in den frühen Morgenstunden, als er zum Fort zurückkehrte. Noch immer klitschnass. Immerhin… Dripping salt walter instead of blood. Er war vorhin voll davon gewesen. Das von Vampiren. Spencers. Sein eigenes. Die Kleidung war zu dunkel, als dass man darauf noch die letzten Reste von roten Flecken erkennen könnte.
Sein graublauer Blick streifte kurz Fionn im Flur. Aber er sagte nichts. Wollte einfach nur an dem Drachen vorbei und sein Zimmer ansteuern.

Es hatte gedauert, bis Fionn sich sauber genug gefühlt hatte. Bis er das Blut von seinem Körper geschrumpt hatte, dabei sicherlich viel gröber gewesen war, als es notwendig gewesen wäre, doch hatte er das Gefühl, das Blut wäre ihm bis unter die Haut gekrochen. Sauberkeit war ihm schon immer sehr wichtig gewesen, weshalb er die Dusche erst verließ, nachdem er sich sicher gewesen war, dass kein Tropfen Blut mehr an seinem Körper zu sehen war. Auch die Kleidung hatte er gereinigt, zuerst per Hand, eine Vorwäsche, damit auch alles wirklich rein wäre am Ende, wollte der Blomqvist doch keine Klamotten wegwerfen müssen deswegen. Vielleicht absurd, sich darüber in diesem Moment Gedanken zu machen, aber er klammerte sich daran, weil es leichter war, als sich wirklich damit auseinanderzusetzen, was passiert war. Wieso alles dermaßen blutverschmiert gewesen war.

Auch, wenn es im Team selten gänzlich reibungslos verlief, den gestrigen Auftrag hatten sie nicht erfolgreich beendet, zumindest würde Fionn den Verlust eines Teammitglieds nicht als Erfolg bezeichnen, Mother Justice hatte deutlich gemacht, wie enttäuscht sie von Ray, Levi und Fionn war. Zurecht. Der Drache hasste es, andere zu enttäuschen, Fehler gemacht zu haben, gleich mit solchen Konsequenzen. Riley würde nicht zurückkehren, denn er war tot, würde tot bleiben – nicht einmal sein Drachenblut hatte den Spencer heilen können, weil es dazu bereits zu spät gewesen war. Es fiel ihm schwer, die Augen zu schließen, weshalb der Schwede auf dem Gelände umhergeirrt war, in der Hoffnung Bewegung würde helfen, würde diese Gedanken vertreiben. Tat sie nicht. Fionn blieb stehen, als er im Flur Levi erblickte, der ihn nur kurz ansah. Die Bilder noch ganz frisch vor Augen, war er sich sicher, dass Levi eine große Schuld am Verlust traf. „Du hättest ihm helfen müssen“, machte er kein Geheimnis aus seinen Gedanken. „Stattdessen bist du blind weitergelaufen.“ Nicht zum ersten Mal hatte der Hayes dadurch einen Auftrag gefährdet.

Fionn hielt an. Großartig. Levi ahnte bereits, was das bedeuten würde. Und ja, natürlich ließ der Drache ihn nicht einfach weiter ziehen. Für einen kurzen Moment überlegte Levi schlicht weiterzugehen. Gar nichts zu erwidern. Der Schwede war nicht unbedingt jemand, der schnell handgreiflich wurde. Und selbst wenn, wenn er ihn physisch zum Stoppen zwingen wollen würde, dann… könnte Levi genauso physisch zurück reagieren. Ein Teil von ihm wollte genau das.
Aber er hielt von sich aus an. Fühlte sich zurückversetzt. You should have helped her. Protect her. Save her. Die Anschuldigungen von damals hallten laut in ihm wieder. Lily.

Kein anderer Verlust hatte ihn seitdem verletzen können. Wieso sollte es also bei Riley anders sein?
„I went after a bloodsucker who would have gotten away if I hadn’t left my position“, erwiderte er schlicht. „I signed up for eliminating targets, not guarding someone who thought he was the best of the team anyway. Looks like he wasn’t.“ Fionn war auf der Suche nach jemandem, dem er die Schuld geben konnte. Then go for it! Levi würde ihm gerne Gründe geben noch wütender auf ihn zu sein. Er drehte sich so ein, dass sie sich (wieder) gegenüberstanden.
Sein Blick glitt über den Drachen. Wie geleckt er schon wieder aussah. Als wäre er gar nicht dabei gewesen. Während sich um den Hayes bereits eine Pfütze am Boden bildete.

„Don‘t you have a sad song to compose and wake everyone up early in the morning with your fuckin‘ piano jingling?“ Spott und Provokation gehörten zu Levi genauso wie die See. Nur normalerweise waren es mittlerweile, zumindest bei seinen Team Mates, nur noch beiläufig foppende Kommentare. Gerade dagegen, da… wollte er… Was genau? Fionn endlich mal wirklich wütend sehen? Dass der Schwede die Beherrschung verlor? Dass er zeigte, dass auch er ein Monster Drache war? Sollte er nicht eigentlich viel unbeherrschter sein als Levi, der nur zur Hälfte einer war…? Aber nein, Fionn befolgte Regeln, Fionn war kontrolliert. Und auch wenn Levi das – obwohl er es wohl niemals zugeben würde – zu schätzen gelernt hatte, gerade… hasste er es mal wieder.

Es gab keine Entschuldigung dafür, ein Teammmitglied verloren zu haben. Bewusst sich dafür entschieden zu haben einem Vampir hinterher zu jagen, anstatt den Teammitgliedern zu helfen. Zugegeben, in seinem bisherigen Leben war Teamfähigkeit bei ihm nie gefragt gewesen, die Loyalität seiner Familie gegenüber jedoch schon – und seit man seine Familie getötet hatte, seit er bei Mother Justice gelandet war, die ihm ein neues Zuhause gegeben hatte, galt seine Loyalität ihr. Und das inkludierte wohl auch das Team Orion. So gab er sein Drachenblut mittlerweile bereitwillig her, wenn es nötig war, um Wunden zu heilen. Sicher, hin und wieder hatte auch Fionn auf Missionen seine Phasen, setzte andere Prioritäten, mochte es nicht wirklich zu kämpfen oder dreckig zu werden. Aber im Zweifel würde er auch diese Schritte gehen.

Nur kurz blickte er auf seine Finger, um sicher zu gehen, dass kein Dreck – vor allem kein Blut – mehr darunter klebte. Anscheinend hatte er tatsächlich alles abgewischt bekommen. Leviathan rechtfertigte sich für sein Handeln, war er sich also seiner Schuld bewusst? Sicherlich nicht, dieser Sturkopf hatte schon immer nur das getan, wonach ihm gerade war, ließ sich von seinen Emotionen leiten und wurde unvorsichtig. Wie auch gestern. „Das Team sollte an erster Stelle stehen“, erinnerte er Levi, was brachte es einen Vampir zu töten, wenn sie dafür viele weitere nicht erledigen konnten, weil sie drauf gingen? „Man ist nur so stark wie das schwächste Glied.“ Und dieses war beim letzten Auftrag anscheinend Levi gewesen, darunter leiden musste jedoch Riley. Schlimmer noch, er hatte mit dem Leben dafür bezahlt. „Du hattest eine Aufgabe und anstatt diese auszuführen, bist du hinterhergerannt.“ Genau das hatten die Vampire doch gewollt, und Levi war wie eine Maus in die Mausefalle getappt.

Sein Blick fiel auf die Pfütze, die sich am Boden sammelte. „Du solltest das wegwischen, bevor jemand darin ausrutscht.“ Und noch jemand wegen Levi zu schaden kam, mal ganz abgesehen davon, dass es sicherlich für den Boden nicht gut war so feucht zu werden. Sicherlich war er im Wasser, im Meer gewesen und hatte es nicht einmal für nötig gehalten sich abzutrocknen. Eine Braue wanderte in die Höhe, sein Blick skeptisch: versuchte der Hayes ihn gerade zu provozieren? „Nein“, antwortete er, noch relativ gelassen. „Aber es wäre zumindest eine sinnvolle Beschäftigung.“

Levi schnaubte spöttisch. Das Team sollte an erster Stelle stehen? Für wen? Für ihn tat es das nicht. Für Mother Justice ganz augenscheinlich auch nicht, ansonsten hätte sie Raynaras Warnungen nicht ignoriert. Dementsprechend stand die Elimination der Ziele an erster Stelle. Damit konnte Levi gut leben.
„That’s what they tell you in theory class.“ Dieser ausgelutschte Spruch, dass eine Einheit nur so stark war wie das schwächste Glied.

Fionn betonte (erneut), dass er eine Aufgabe gehabt hatte. Dass er stattdessen etwas anderem nachgejagt war. „You done? Or do you wanna repeat it a few more times? How about you record it, so I can play it back to me at night as a lullaby?“
Sein Blick glitt kurz zur Pfütze am Boden. Jemand könnte ausrutschen? „Too bad.“ Zumindest war es keine Schleimspur. So wie Riley sie Mother betreffend gerne hinter sich hergezogen hatte. Und Fionn irgendwie auch. Was war es nur, was die Leute hier an die Hexe band? Auf persönlicher Ebene. Aber da lag ja auch schon der Hund begraben. Levi war nicht (mehr) zu persönlichen Bindungen fähig. Egal zu wem. Oder?

„Talking about meaningful occupations… I’m gonna go get some sleep.“ Und damit hatte er eigentlich schlicht weiterziehen wollen. Fionn stehen lassen wollen, wenn dieser ihn nun nicht doch hangreiflich versucht hätte aufzuhalten.
Aber in dem Moment trotteten ihm andere in den Weg. Great. Adrian und zwei andere von Team Aquila.
„I’ve always known Orion are the black sheeps of the flock. But wow, you really surpassed yourselves this time“, höhnte der Vampir. „Getting your leader killed? Congratulations.“ Levi war auf Blutsauger gerade nicht sonderlich gut zu sprechen. Auf Adrian sowieso nie. Nichtsdestotrotz zwang er ein genauso kühles Lächeln auf seine Lippen. „Don’t blame Orion, it’s just on me. Oops.“ Hatte Fionn doch eben sowieso schon laut genug im Flur betont. „You’re still eager to become the next team leader?“ Adrian war der Letzte, der sich auf Rückendeckung von Levi verlassen könnte. Der dafür gerade deshalb umso vielsagender grinste.

Auch, wenn Fionn das ungern zugab, war er vor allem Theoretisch veranlagt. Egal, worum es ging, die Theorie beherrschte er ziemlich schnell, es jedoch in die Praxis umzusetzen war für den Drachen nicht wirklich einfach. Vermutlich hatte er sich deswegen doch eher schwer getan mit dem Training hier in Fort Moonfall. „Das ist genau das, woran wir festhalten sollten.“ Damit so etwas nicht passierte, wie heute. Damit sie kein Teammmitglied verlieren mussten. Es war mit so vielen Dingen verbunden: der Verlust, die Enttäuschung von Mother, die Möglichkeit einen neuen Teamleader zu bekommen. Fionn mochte keine Veränderungen, hatte sich an Riley als Teamleader gewöhnt und war damit auch soweit fein gewesen, sicherlich gab es Meinungsverschiedenheiten, aber er hatte meist gewusst, was das Beste fürs Team war. „Davor wegzulaufen macht es nicht ungeschehen“, erinnerte er Levi, der wohl nicht mehr hören wollte, möglicherweise die Schuld an Rileys Tod zu tragen. Vielleicht nicht alleine, aber zu einem Teil.

„Ich will nur, dass wir daraus lernen. Damit so etwas nicht wieder passiert.“ Was letztlich bedeutete, dass Levi seine Aufgaben nicht vernachlässigte, sondern beim eigentlichen Plan blieb, um die Mission nicht zu gefährden. Anscheinend interessierte es den Hayes auch nicht, dass er eine Pfütze hinterließ. Natürlich nicht. Stattdessen wandte er sich ab, wollte schlafen gehen. Was sollte der Drache dazu noch großartig sagen? Sie würden das, was geschehen war, Stück für Stück aufarbeiten, zumindest hoffte Fionn dies. Er glaubte, dass die wenigsten hier Adrian wirklich mochten, der arrogante Vampir konnte es sich natürlich nicht nehmen lassen einen Kommentar von sich zu geben, während die anderen beiden im Hintergrund blieben. Adrian als Teamleder? Bitte nicht. Da mussten andere Optionen her, der Vampir war doch bereits in einem anderen Team, das würde er nicht verlassen, oder? „Dazu wären Führungsfähigkeiten nötig“, wandte der Drache trocken ein, ließ durchklingen, dass er eben diese bei Adrian nicht sah. Hatte Levi gerade zugegeben, schuldig zu sein? “Euer unfähiges Team will doch keiner leiten“, erwiderte der Vampir. Oh, war da einer in Provokationslaune? Eine empfindliche Zicke, ein nichtsnützender Drache und ein jämmerlicher Halbdrachen, der.. was genau kann? Kannst du überhaupt irgendwas?“ Fionn sog die Luft etwas schärfer ein, blickte zu Levi. Dünnes Eis. Unsensibel, heute derartig auf Konfrontation zu gehen. Der Blomqvist legte eine Hand an Levis kalte Schulter, um ihn mit etwas Druck weiter schieben zu wollen. „Lass uns gehen“, schlug er vor.

Gab es irgendetwas, an dem Levi festhielt? Nun, Theorie wäre es ganz gewiss nicht.
Eigentlich verrückt, dass Fionn und er einen gewissen Drachen-Anteil teilten. Dabei könnten sie eigentlich kaum unterschiedlicher sein... Dann wiederum, die See ließ sich mit Erde nicht vergleichen. Das Meer konnte von still bis stürmisch aufgewühlt binnen Sekunden wechseln. Erde… benötigte sehr viel mehr brachiale Kraft, um sich nicht länger statisch zu verhalten. Kam Fionn deshalb so schlecht mit Änderungen klar, während Levi auf jeder noch so kleinen Welle surfte? Oder waren Drachen letztendlich einfach nur genauso wie Menschen charakterlich unterschiedlich?

Weglaufen? Tat er das? Nur weil er sich die Litanei seines Teamkollegen nicht länger antun wollte? Und dann betonte Fionn auch noch, dass sie daraus lernen sollten. Damit so etwas nicht nochmal passierte… Es würde wieder passieren. Es war Teil von Levi. „Why, scared you could be the next one?“ Eine Vorstellung, die nichts in Levi auslösen sollte. Aber sie tat es. Und das machte ihn nur noch wütender. „I’m a slow learner.“ Oder auch, wenn man so manch einem Lehrer glauben wollte, dann lernte er überhaupt nicht. Außer es ging um physische Verbesserungen…

Adrian verpatzte Levis Rückzug. Dabei zuckte es bei Fionns Kommentar kurz um seine Mundwinkel. Führungsfähigkeiten – vielleicht hatte der Vampir die sogar in der Theorie. Er konnte alle Regeln in und auswendig, war kein schlechter Taktiker. Und trotzdem… während Levi für Spencer noch irgendwie so etwas annäherndes wie mutual respect verspürt hatte, für Adrian definitiv nicht.
Der Blutsauger zog über Orion her. Ob er etwas konnte? „Apparently I can let people die.“ Locker dahingesagt und doch brodelte es in ihm. Nicht weil Adrian irgendetwas in ihm triggern würde. Sondern weil Levi eskalieren wollte.
Was hatte Fionns Hand auf seiner Schulter zu suchen? Und irgendwie… fühlte es sich plötzlich doch nach Einheit an. Sie gegen die anderen. Sie gegen Zielpersonen. Team Orion. Nur einer von ihnen weilte nicht mehr unter ihnen...

„Classic. The pussy dragon leaves the conversation“, spöttelte Adrian über Fionn. „Why don‘t we head to the training room? Since we’re all awake already…“ Sein Blick wanderte auffordernd durch die Runde. „Three against two? Or one.“ Falls Fionn kneifen sollte. Die See hatte ihn genug abgekühlt, um es bei Training bleiben zu lassen. Auch wenn Levi wusste, dass sie sich den dreien von Aquila unter schlechten Bedingungen stellen würden. Ihre letzte harte Mission war erst einige Stunden her. Seitdem hatte er sich nicht ausgeruht. Im Gegenteil. Und auch Fionn schien die Schlaflosigkeit geprägt zu haben. Aber… das war ihm herzlich egal.
Adrian witterte einen einfachen Sieg. „I’m in.“ Die anderen nickten ebenfalls.

Ja, vielleicht wäre Fionn der nächste. Oder Ray. Oder Levi selbst. Der Drache glaubte nicht, dass sie den Tod verdient hatten, aber wenn Levi bereit dazu war ein Risiko einzugehen, dann dürfte er sich nicht darüber beschweren, selbst ins Gras zu beißen. „Du würdest unsere Leben also wieder aufs Spiel setzen.“ Natürlich würde er das, ein Leviathan Hayes lernte nicht aus solchen Situationen, nein, er lief wieder vor die gleiche Wand. „Dann solltest du vielleicht lieber hier bleiben.“ Keine Missionen mehr ausführen, bis er daraus gelernt hatte. Kinder ließ man doch auch Zuhause sitzen, gab ihnen Hausarrest, damit sie über ihre Fehler nachdenken konnten. Vielleicht würde Levi noch daraus lernen können, oder war bereits alles verloren? Fionn wusste nicht, ob er dem Hayes noch weit genug vertrauen konnte bei einer weiteren Mission, sollte Mother sie wieder losschicken, nach dem letzten Fauxpas.

Natürlich provozierte Adrian, manchmal schien es, als könnte der Vampir gar nichts anderes – Levi sprach von seinem angeblichen Talent, welches definitiv keins war. Machte er sich jetzt schon darüber lustig, für einen Tod verantwortlich zu sein? Wow. Fionn wollte lieber gehen, wollte nicht, dass die Situation eskalierte, aber auch dazu hatte der Vampir wieder einen Kommentar abzugeben. Natürlich. Der Klügere gab nach, oder nicht? Fionn löste solche Situationen lieber mit Worten, als mit Taten – aber das konnte er bei Adrian wohl vergessen. Kurz schloss der Drache die Augen, als Levi auch noch vorschlug, in den Trainingsraum zu wechseln. Er sollte schlafen und sich ausruhen. Aber an Schlaf war wohl nach der letzten Mission nicht zu denken. Training wäre zumindest ein positiver Weg, es zu verarbeiten, oder? Zumindest für Levi. „Ich komme mit.“ Er blickte in die Runde. „Heißt aber nicht, dass ich mitmache. Wild aufeinander einprügeln ergibt keinen Sinn, wenn sollte richtig trainiert werden.“ Ohne, dass im Vordergrund stand den jeweils anderen zu verletzen. Er blickte in die Runde, vor allem aber zu Levi, eindringlich. Das Augenrollen des Vampires ignorierte er, zumindest würde Fionn so einen Blick auf Levi haben können. Sie setzten sich in Bewegung, um zum Trainingsraum zu gehen, das überhebliche Gerede des Vampires versuchte Fionn zu ignorieren. "Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? Du solltest dich ausruhen", wandte er sich an den Halbdrachen.

„We’re playing with our lives every time we go out there.“ Levi verstand das Problem nicht. Er verließ sich nicht auf andere. Dementsprechend würde er auch nie jemandem einen Vorwurf machen, wenn er am Ende selbst krepierte. Vor allem aber war das schlicht etwas, was ihm keine Angst machte. Man musste an seinem Leben hängen, um zu fürchten es zu verlieren… Es ärgerte ihn viel mehr, dass die Vorstellung der Tode weiterer Teammitglieder etwas in ihm zum Grollen brachte anstatt Gleichgültigkeit zu empfinden.

Eine Drohung, die dagegen viel schneller traf, war… ein Missionsverbot für ihn. Das war das einzige, was ihn hier hielt. Das einzige, was ihn über Wasser hielt. Sollte man ihn auf die Ersatzbank befördern, dann… was? Würde er nicht bleiben. Oder würde es ihn nur in mehr Blackouts treiben? Fionn mochte die Einsätze als notwendiges Übel sehen. Levi brauchte sie.
Wen er dagegen nicht brauchte, war Adrian. Auch wenn der Vampir sich gerade zur willkommenen Ablenkung entpuppt.
Es zuckte belustig um Levis Mundwinkel. Fionn wollte mitkommen, aber nicht mitmachen? „You wanna be the referee?“ Als würden sie bei Trainingskämpfen je einen Schiedsrichter haben. Zumindest nicht, wenn es nach dem Hayes ging. Es gewann, wer am Ende noch stand. So etwas wie Fouls gab es doch gar nicht.

Er ließ den vielsagenden Blick des Vollblutdrachens an sich abprallen und setzte sich stattdessen in Bewegung.
Was wurde das? Machte Fionn sich etwa Sorgen um ihn? Levi musste sich hart kontrollieren, um seine Kiefer nicht mahlen zu lassen. Damit kam er viel schlechter klar als mit den Vorwürfen eben noch. „I rarely have good ideas.“ Levi lebte eher von einer schlechten zur anderen. Zumindest würden die meisten das behaupten.
„Nawr", ertönte es da auch schon von Adrian. „Maybe you should listen to the dragon and rest. Your human parts are so breakable.“ Levi schnaubte. „Already looking for a way to back out of the fight without losing your face?“ Fakt war, dass Levi sich viel besser würde ausruhen können, wenn sein Körper schlicht und ergreifend zu gar nichts anderem mehr in der Lage wäre…
„So what would training in the right way look like for you?“, wandte er sich dann aber doch nochmal mit einem leicht spöttischen Schmunzeln an Fionn, als sie die Trainingshalle erreicht hatten.

Für den Drachen waren es zwei verschiedene Paar Schuhe: auf eine Mission zu gehen, sie als Team gemeinsam zu absolvieren war vielleicht ein gewisses Risiko, keine Frage. Doch sie waren darauf vorbereitet worden, es fühlte sich nicht jedes Mal an, als würde er sein Leben riskieren. Doch billigend in Kauf zu nehmen, dass einem Teammitglied etwas passierte, war ein ganz anderes Thema. „Nicht auf diese Art und Weise“, wiedersprach Fionn daher und hatte keine Lust darauf, noch ein Teammitglied zu verlieren. Weil er Verluste und was diese in ihm auslösten, wirklich hasste. Es konnte Levi unmöglich egal sein, oder? War es ihm egal, sollte er selbst sterben? Der Drache hing an seinem Leben, genau deswegen war er eigentlich hier, weil er sich von Mother, von Fort Moonfall, auch eine gewisse Sicherheit erhoffte.

Für den Drachen wäre es die einzige logische Konsequenz, Levi hier zu behalten, auf der Ersatzbank, damit er runterkam, sein Verhalten überdachte. Nie im Leben hätte er gedacht, dass darüber nachgedacht wurde, ihn sogar zu befördern. Sie mussten sich erstmal neu finden, neu organisieren, schauen ob der freie Platz besetzt wurde, wer das Team fortan anführen würde. Für Fionn kam eigentlich nur jemand außerhalb des Teams in Frage. Und definitiv nicht Adrian, dem sie gerade begegnet waren. „Aufpassen, dass du nichts Dummes tust“, verbesserte er den Halbdrachen, einen Schiedsrichter brauchten sie wohl eher nicht, aber er befürchtete, dass in Levi viele angestaute Emotionen waren, die hinaus wollten. Und noch mehr durfte er das Team Orion nicht in den Dreck ziehen.

„Wieso war mir das klar..“, murmelte Fionn und unterdrückte den Reiz mit den Augen zu rollen. Hmpf. Natürlich kam der Vampir nicht drum herum, sich darüber lustig zu machen, Fionn stand darüber, würde sich nicht so einfach reizen lassen, doch befürchtete, dass es bei Levi anders war. Spornte ihn sicherlich nur noch mehr an. „Wie man am besten ein Haus untersucht, welche Positionen man als Gruppe im Kampf einnehmen sollte, …“, führte er aus, was er als wichtiger empfand, als irgendwelche Kräfte zu messen, während sie zur Trainingshalle gingen. „Sei kein Idiot“; wies er Levi nun nochmals an. Plötzlich flog Adrians Faust gen sein Gesicht, FIonn hob die Hand, um diese abzufangen. „Ist das dein Ernst?“ Er schüttelte den Kopf. Wollte nur mal deine Reaktion Testen. Fionn schnaubte. „Okay, vielleicht sollten wir Adrian doch eine Lektion erteilen“, wandte er sich an Levi.