Mit jedem weiteren Tropfen verlor sich der fiese Geschmack, was Lilith nur noch mehr dazu trieb begierig das Blut aus ihrem Opfer dem jungen Mann zu saugen. Einmal in Trance, berauscht von der burgunderroten Flüssigkeit, verlor das Vampirmädchen das Gefühl für Raum und Zeit. Sie nahm nur noch den regelmäßigen Herzschlag des Körpers unter ihr wahr, der allmählich an Kraft verlor. Es würde nicht mehr lange dauern und der Blutverlust derart groß sein, dass eine Rettung kaum mehr möglich war. Hielt es sie davon ab? Nein. Genauso wenig wie das "Enough!" eines Wissenschaftlers. Ihr Griff verhärtete sich lediglich, die Lider zuckten, bevor sie die Augen aufschlug. Aus ihrem tiefsten Inneren stieg ein Grollen auf. Sie hatten wohl vergessen wer hier die größere Macht besaß.

Für einen Moment beobachtete sie die Bewegungen im Raum, ehe sie wieder zur Nebensache wurden. Nur noch ein bisschen! Dabei wurde der Durst nur von Schluck zu Schluck größer, anstatt kleiner. "Hey" für das menschliche Ohr kaum zu verstehen, vernahm Lilith die Stimme ihrer Mahlzeit des Dunkelhaarigen sehr deutlich.
„You gotta stop. Or we both are gonna get hurt.“ Das Vampirmädchen wollte lachen, lauthals. So schnell würde ihr niemand mehr wehtun! Doch irgendwie ging seine Stimme ihr nah. Ihre Zähne steckten noch immer in seinem Oberarm, als ihr Blick seinen fand.
Der Blutfluss versiegte beinahe vollständig wenn sie nicht länger saugte.

Lilith spürte wie sich das kleine Mädchen in ihr rührte. Sie wollte ihr keine Aufmerksamkeit schenken, sie stattdessen einfach wieder zum Schweigen bringen. Es grollte in ihr.
Anstatt die Zähne tiefer in das Fleisch zu drängen, ließ sie von ihm ab. Keine leichte Entscheidung, das ließ sich ganz deutlich aus dem innerlich zerrissenen Blick lesen.
Sie handelte entgegen ihrer Natur. Die Wissenschaftler blieben auf Abstand, waren aber nah genug um Lilith nervös über ihre blutverschmierten Lippen lecken zu lassen.
Ihr Blick haftete noch einen Moment auf seinem Gesicht; ehe sie ihn derart abrupt von ihm nahm, dass es leicht den Eindruck erweckte als wäre sie peinlich berührt. "you He should be fine" in einer fließenden Bewegung glitt sie mühelose von ihm und der Pritsche runter.

Sie sah ihnen die Skepsis an. Niemand schien glauben zu können, dass sie tatsächlich einfach so von einer Blutquelle abließ. Freiwillig. Lilith wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Der Geschmack seines Blutes nahm nicht ab. Dann kam Bewegung in die Menschen. Hände griffen nach dem Dunkelhaarigen. Sie presste die Lippen aufeinander, doch das Zähneblecken ließ sich nicht unterdrücken. Der Wissenschaftler mit Nadel schreckte vor ihr zurück. Er war mit einem Mal so blass wie die Wand hinter ihm. Blindlings schob Lilith den Ärmel hoch. Sie konnte den Blick nicht von ihm nehmen. Eindeutig fixiert auf ihre Zwischenmahlzeit; mehr nicht.